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Planungsfragen Blitzschutzanlage

Verfasst: Di 13. Aug 2019, 10:21
von Burning
Hallo, wir haben ein altes Haus gekauft und überlegen, eine Blitzschutzanlage installieren zu lassen.
Voraub möchte ich mich aber gern etwas informieren.
Durchführen soll die Installation ein Fachbetrieb, um Kosten zu sparen würde ich Aufgaben welche ich vorab evtl. selber erledigen kann auch selbst machen.

Mir geht es erstmal um grundsätzliche Fragen.
Randdaten zum Gebäude: Einfamilienhaus , BJ 1841. es hat weder Blitzschutz noch Potenzialausgleich, gespeist wird es über eine 4 Adrige Freihängende Leitung vom Netzbetreiber. Wasserleitung zum Haus ist schon aus Kunststoff.
Die gesamte Elektrik (Komplettes Leitungsnetz, Sicherungkasten usw.) ist bereits durch einen Fachbetrieb im Zuge der Modernisierung vor 7 Jahren erneuert wurden.
Das Haus ist ca. 20m lang, 8m breit, hat 2 Vollgeschosse und darüber noch den Dachstuhl, der Dachfirst liegt 9m über Erdboden, der höchste Punkt (Wetterschutzhaube aus Metall über Edelstahlschornstein) ist ca. 1m höher als Dachfirst, also ca. 10m über Erdboden.
Nachbarhäuser rechts und links je ca. 20m entfernt, beide mit Blitzschutz (vermutlich aber schon vergammelt), sind aber niedriger und je nur 6m hoch. Höchste Punkte dieser Nachbarhäuser ist je die Antennenanlage (an Blitzschutz angebunden) mit ca. 8m über Erdboden an höchster Stelle.

Das Haus steht auf keinem Berg, alles Flachland. Eine Edelstahlesse der Heizung bildet den höchsten Punkt des Hauses.
Evtl. Wird noch eine Sat Anlage auf dem Dach installiert, ist aber kein muss, die kann auch an der Giebelseite bleiben.
6m neben meinem Wohnhaus ist noch meine Scheune mit ähnlicher Höhe und Größe, ebenfalls ohne Blitzschutz. Diese ist aber nicht geplant mit Blitzschutz auszustatten. Die Scheune ist ca. 1m niedriger als das Wohnhaus. Am Giebel des Wohnhauses ist eine Solaranlage (Wasser) installiert, welche mal auf das Scheunendach umziehen soll (weil Südseite). Muss die Scheune dann zwingend durch Blitzschutz geschützt werden? Die Anlage wäre dann im unteren Bereich der Dachfläche befestigt, der First der Scheune wäre nochmal gut 2m höher.

Da der Hof bereits neu gepflastert ist und die Hauswand des Wohnhauses bildet auf der Rückseite schon die Grenze zum Nachbargrundstück, daher ist es schwierig, großflächig Erdaushubarbeiten durchzuführen, Tiefenerder wären also Mittel der Wahl.
Die Frage ist, wieviele benötigt man. Gehen wir mal davon aus, wir bekommen zb. 9m Tiefenerder in den Boden getrieben welcher zudem noch gute Messwerte liefert, reicht der 1 dann oder müssen gar an jeder Dachseite oder gar an jeder der 4 Ecken des Hauses je ein Tiefenerder eingetrieben werden? Ist V4A zwingend erforderlich oder ist verzinkt oder Verkupfert noch zulässig? Reichen 20mm Durchmesser des Erders?

Was ist mit den Leitungen entlang der Hauswand, und oben auf dem Dach, was für Material ist da zulässig und wir stark muss es sein.
Kann der Blitzschutz gleich auch als Potenzialausgleich genutzt werden oder muss der extra in den Boden getrieben werden?
Eine Überspannungsschutzeinrichtung soll ebenfalls noch installiert werden.

Ich hoffe keine wichtigen Angaben vergessen zu haben und würde mich freuen, wenn mir jemand Fachkundiges ein paar Fragen beantworten kann. Ich möchte nicht ganz unvorbereitet sein wenn der Fachbetrieb zur Angebotserstellung kommt.

Re: Planungsfragen Blitzschutzanlage

Verfasst: Di 13. Aug 2019, 20:21
von E-Fachmann
Hallo,
ich bin kein Blitzschutz Profi
hier mal was zum lesen
https://www.dehn.de/de/blitzplaner
https://blitzschutz.eu/mhb/

Re: Planungsfragen Blitzschutzanlage

Verfasst: Mi 14. Aug 2019, 22:08
von Dipol
Burning hat geschrieben: Einfamilienhaus , BJ 1841. es hat weder Blitzschutz noch Potenzialausgleich, gespeist wird es über eine 4 Adrige Freihängende Leitung vom Netzbetreiber. Wasserleitung zum Haus ist schon aus Kunststoff.

Ein früher Haupt- und heute Schutzpotenzialausgleich genanntes Schutzsystem in welches ALLE Haussysteme einzubinden sind, war aber auch ohne LPS nach der längst abgelösten DIN VDE 0190 auszuführen.

Burning hat geschrieben: Das Haus ist ca. 20m lang, 8m breit, ...
Eine Edelstahlesse der Heizung bildet den höchsten Punkt des Hauses.
Evtl. Wird noch eine Sat Anlage auf dem Dach installiert, ist aber kein muss, die kann auch an der Giebelseite bleiben.

Dachantennen sind ebenso wie PV-Anlagen, Edelstahlschornsteine oder diese Esse ungewollte Fangeinrichtungen, ohne LPS sind aber nur Dachantennen blitzstromtragfähig zu erden, mit LPS aber alle diese Dachaufbauten und vorzugsweise mit getrenntem Blitzschutz zu schützen.

Burning hat geschrieben:6m neben meinem Wohnhaus ist noch meine Scheune mit ähnlicher Höhe und Größe, ebenfalls ohne Blitzschutz. Diese ist aber nicht geplant mit Blitzschutz auszustatten. Die Scheune ist ca. 1m niedriger als das Wohnhaus. Am Giebel des Wohnhauses ist eine Solaranlage (Wasser) installiert, welche mal auf das Scheunendach umziehen soll (weil Südseite). Muss die Scheune dann zwingend durch Blitzschutz geschützt werden? Die Anlage wäre dann im unteren Bereich der Dachfläche befestigt, der First der Scheune wäre nochmal gut 2m höher.

Auch bei freiwilligem Blitzschutz gehört eine Solarthermieanlage mit geschützt, somit auch nach einem Umzug auf die Scheune.

Burning hat geschrieben:Da der Hof bereits neu gepflastert ist und die Hauswand des Wohnhauses bildet auf der Rückseite schon die Grenze zum Nachbargrundstück, daher ist es schwierig, großflächig Erdaushubarbeiten durchzuführen, Tiefenerder wären also Mittel der Wahl.
Die Frage ist, wieviele benötigt man. Gehen wir mal davon aus, wir bekommen zb. 9m Tiefenerder in den Boden getrieben welcher zudem noch gute Messwerte liefert, reicht der 1 dann oder müssen gar an jeder Dachseite oder gar an jeder der 4 Ecken des Hauses je ein Tiefenerder eingetrieben werden?

Jede Blitzschutzanlage erfordert min. zwei Ableitungen. Die Maschenweite der Fangleitungen beträgt in Blitzschutzklasse III für normale Wohngebäude 15 m, dies entspricht auch dem typ. Abstand der Ableitungen. Bei einem Gebäude mit 20 m x 8 m sind somit an jeder Hausecke und an den langen Seiten nochmals je eine Ableitung, zusammen somit 6 erforderlich.

Diese MÜSSEN untereinander und mit dem bislang fehlenden Schutzpotenzialausgleich/HES blitzstromtragfähig zum sog. Blitzschutzpotenzialausgleich verbunden werden. Am wirkungsvollsten erfolgt dies über einen mit 1 m Wandabstand in min. 0,5 m Frosttiefe verlegten Ringerder, der zu 20 % nicht erdfühlig verlegt sein darf. Wenn nur teilweise horizontale Oberflächenerder möglich sind, sind auch zusätzliche Tiefenerder erforderlich, aber ALLE müssen mit dem Blitzschutzpotenzialausgleich verbunden sein.

Burning hat geschrieben: Ist V4A zwingend erforderlich oder ist verzinkt oder Verkupfert noch zulässig? Reichen 20mm Durchmesser des Erders?
Was ist mit den Leitungen entlang der Hauswand, und oben auf dem Dach, was für Material ist da zulässig und wir stark muss es sein.
Kann der Blitzschutz gleich auch als Potenzialausgleich genutzt werden oder muss der extra in den Boden getrieben werden?
Eine Überspannungsschutzeinrichtung soll ebenfalls noch installiert werden.

Das sind Basisfragen, die man in den bereits verlinkten DEHN Blitzplaner und VdB Blitzschutzmontage-Handbuch nachlesen sowie bei seiner Blitzschutzfachkraft erfragen kann. Wo die in Foren gestellt werden, fehlt mir der Glaube, dass die Arbeiten tatsächlich nur ansatzweise und nicht komplett do-it-yourself beabsichtigt sind. Arbeiten am Inneren Blitzschutz mit obligatorischem Überspannungsschutz ALLER Energie- und TK-Leitungen (einschließlich Antennenkoax!) sind nach NAV § 13 konzessionierten Elektrofachkräften und der Äußere Blitzschutz nach Normenreihe DIN EN 62305 (VDE 0185-305) dafür qualifizierten Blitzschutzfachkräften vorbehalten.

Um die Grenze zwischen verantwortbarer Beratung und Verleitung eigener Überforderung nicht weiter zu strapazieren, mache ich hier erst mal einen Punkt.

Re: Planungsfragen Blitzschutzanlage

Verfasst: Mo 19. Aug 2019, 11:55
von Burning
Bei 6 Tiefenerdern aus V4A fürs Wohnhaus und für die Scheune dann vermutlich weiteren 6 (wegen Solarthermieanlage wohl erforderlich), komme ich dem ersten Angebot einer Fachfirma zufolge allein für Material und die Arbeitsleistung nur für einbringen der Tiefenerder, ohne Verbindung dieser untereinander, schon auf weiter etwas über 13.000€. Für das einbringen eines V4A Tiefenerders inkl. Material wollen die knappe 1100€ haben. Ich bin fast aus den Schuhen gekippt! Nur wieviel Tiefenerder benötigt werden war im Angebot nicht berücksichtigt, die wollten im Vorhinein erstmal irgendeine Messung durchführen um das dann genau sagen zu können.

Damit wäre das Vorhaben beerdigt. Denn die Kosten für den Rest (Material und Ausführung durch Fachbetrieb), also die ganzen Leitungen hoch zum Dach und entlang des Daches, die Fangstangen, alles V4A belaufen sich für Wohnhaus und Scheune schon auf gut 12.000€.
Gesamt kämen wir hier auf ca.25.000€ für einen Blitzschutz, das find ich etwas heftig.

Re: Planungsfragen Blitzschutzanlage

Verfasst: Mo 19. Aug 2019, 17:04
von Dipol
Burning hat geschrieben: Damit wäre das Vorhaben beerdigt. Denn die Kosten für den Rest (Material und Ausführung durch Fachbetrieb), also die ganzen Leitungen hoch zum Dach und entlang des Daches, die Fangstangen, alles V4A belaufen sich für Wohnhaus und Scheune schon auf gut 12.000€.

Umsonst ist nicht mal der Tod, denn der kostet bekanntlich das Leben. Es empfiehlt sich immer noch ein zweites Angebot einzuholen. Immerhin ist geklärt, dass kein do-it-yourself geplant war. :clap:

Bezüglich V4A hast du aber vermutlich etwas missverstanden.

Austenitisches NIRO, Werkstoffnummer 1.4571 (V4A) ist teuer, aber aus Gründen der Korrosionsfestigkeit auch bei Bauten, die vor Inkrafttreten der DIN 18014:2007-09 fertiggestellt wurden, sinnvoll. In Kombination mit bestehenden Fundamenterdern ist es schon länger Pflicht. Außerhalb des Erdreiches genügt für Zweimetallverbinder oder als Alternative für Feuerverzinkung von Fangstangen auch V2A.

NIRO hat einen schlechten Leitwert, weshalb für Fang- und Ableitungen feuerverzinkter Stahl und primär Alu oder Aluknetlegierung blitzschutztechnisch besser und deutlich günstiger sind. Bei Verwahrungen aus Kupfer wären materialgleiche Fang- und Ableitungen vorzuziehen.